Ein Gespräch mit dem jüdischen Musiker und Musikwissenschaftler Prof. Dr. Jascha Nemtsov – Weimar/Potsdam

Händels Oratorium The Messiah gehört zu den bekanntesten und am häufigsten aufgeführten Werken christlicher Kirchenmusik. Er komponierte es 1741 und brachte es am 13. April 1742 in Dublin zur Uraufführung – bemerkenswerterweise als Benefizkonzert für zwei Krankenhäuser und die karitative Arbeit mit Strafgefangenen. Das Libretto verfasste Charles Jennens – der auch bereits das Libretto für Händels Oratorium Saul geschrieben hatte – ausschließlich aus Bibelzitaten, die Jennens gemäß der Perikopenordung des Book of Common Prayer der Church of England anordnete. In drei Teilen erzählt The Messiah das Leben, Sterben, Auerstehen Jesu Christi und die Hoffnung der Christ*innen auf seine Wiederkunft. Obgleich es sich also um eine Art „klingende Christologie“ handelt, wie Jascha Nemtsov sagt, besteht der Text zu mehr als der Hälfte aus Zitaten der Hebräischen Bibel. Wie steht ein jüdischer Musiker zu dieser Verwendung der jüdischen Heiligen Schrift in einem Werk christlicher Kirchenmusik? Und was denkt er über den Bedeutungswandel, den diese Texte dadurch erfahren? Schließlich: Können wir Händels The Messiah heute noch unbedenklich in christlichen Kirchen aufführen?

Prof. Dr. Jascha Nemtsov